Familienforschung
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Auswanderung von Gott(e)slebens
aus dem Eichsfeld im 19. Jahrhundert

Soziale/wirtschaftliche Lage im 19. Jahrhundert

Mit der fabrikmäßigen maschinellen Produktion von Stoffen und der Baumwolle als neuer Textilrohstoff war die traditionelle Hausweberei im Eichsfeld Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr wettbewerbsfähig. Sie kam zwangsläufig weitgehend zum Erliegen.
Das Eichsfeld geriet in eine schwere wirtschaftliche Krise und konnte seine in den wirtschaftlichen Blütezeiten stark gewachsene Bevölkerung nicht mehr ernähren. Die Verhältnisse in zahlreichen Eichsfelddörfern waren vergleichbar mit denen in schlesischen Bergdörfern, wie sie Gerhard Hauptmann in seinem Drama »Die Weber« schildert. Der preußische Staat sah sich nicht in der Lage, dem Eichsfeld durch gezielte Wirtschaftsförderung zu helfen und einen Strukturwandel herbeizuführen. Auch im hannoverschen Teil des Eichsfeldes sah es nicht besser aus. Um 1850 gab es in Duderstadt nur wenige Arbeitsplätze. Es existierten hier lediglich ein paar kleine Woll- und Flanellfabriken, eine Cichorienfabrik, eine Gerberei, zwei Ziegeleien und zwei Brennereien.

    Zu Tausenden wanderten die Eichsfelder hinaus in die Fremde, hinaus auf die Rübenfelder der Magdeburger und Braunschweiger Gegend, hinaus auf die Ziegeleien und Zuckerfabriken, hinaus zum mühsamen Hausieren mit Reff und Karren, teils auf mehrere Monate des Jahres, teils für immer. Man sagte damals im zeitigen Frühjahr »Wenn der Pfarrer das Evangelium 'Jesus treibt die Teufel aus' verliest müssen die Eichsfelder aus dem Lande hinaus«. Aus der Gegend um Worbis und Duderstadt waren etwa 15 000 Männer als Bauarbeiter im norddeutschen Raum unterwegs. Aus Hundeshagen und anderen Orten zogen mit zahlreichen Kapellen und Orchestern Hunderte von Musikanten quer durch Deutschland bis hinauf ins Baltikum und zum Zarenhof in St. Petersburg. Aus dem Raum Duderstadt kamen etwa 600 Hausierer, die mit dem Reff auf dem Rücken von Dorf zu Dorf gingen und ihre Waren feilboten. Eine eichsfeldische Redensart sagte zur Wanderung in die Fremde: »Wo die Welt mit Brettern zugenagelt ist, sitzt noch ein Küllstedter mit seinem Reff dahinter«.

      Viele Eichsfelder wanderten damals nach Amerika aus. Andere siedelten sich in Hannover, Berlin, Braunschweig, Kassel, Frankfurt oder im Ruhrgebiet an, wo sie Arbeit gefunden hatten. Es entstanden die ersten Eichsfelder Vereine in der Fremde, von denen es Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland weit über 80 gab.

Gott(e)sleben im Eichsfeld

Auch von den im Eichsfeld ansässigen Familien Gott(e)sleben zogen immer wieder Angehörige in die Ferne, sei es ins Braunschweigische, nach Ostwestfalen und ins Ruhrgebiet oder verließen Deutschland ganz und wanderten in die Vereinigten Staaten aus. 

Wir finden Gott(e)slebens in
 

Geismar
 
Hans Gotzleben (* um 1480; †  nach 1516). Altermann und Hintersasse der Diede.
 

Motzenrode
 


 

Anna Gotslebin und Melchior Gotsleben (1580). Bernhard (Bernt) Gottsleben (* um 1613 in Motzenrode; †  18.2.1667 in Motzenrode, begraben 18.2.1667 in Jestädt). Mattheus Gottsleben (* 3.12.1643 in Motzenrode; †  6.8.1710 in Motzenrode, begraben 6.8.1710 in Jestädt). Beruf: Schulmeister. Johann Gottsleben (* 8.10.1677 in Motzenrode; †  2.10.1743 in Motzenrode, begraben 2.10.1743 in Jestädt). Johann Claus Gottsleben (* 29.4.1716 in Motzenrode; †  22.6.1758 in Motzenrode, begraben 22.6.1758 in Jestädt). Beruf: Kirchenältester. - Johann Nicolaus Gottsleben (* um 1780 in Motzenrode; †  ??). Beruf: Leineweber.
 
Gerbershausen
 
Hans(en) Gottsleben (1620)
 
Krombach

 
Johann (Joannes/Hannes) Gottsleben (* um 1635 in Krombach; † 12.9.1706 in Krombach, begraben 13.9.1706 in Rüstungen). - Joh. Gottsleben (* um 1635 aus Rüstungen, oo 21.11.1664 in Motzenrode mit Margaretha, Valten Volckmars Tochter. - Johann (Joannes) Gott(e)sleben (* 28.10.1666 in Krombach).
 
Rüstungen
 




 

Valten Gottsleben (* um 1620/29 aus Rüstungen, oo 07.04.1649 in Motzenrode mit Anna Catherina Hartmann, Tochter des Schulmeisters Hans Hartmann, der 1671 in Motzenrode starb). - Margaretha Gottsleben (79 J., * um 1631, 23.04.1710 in Rüstungen, beerdigt 24.04.1710 in Rüstungen). - Andreas Gottsleben (verh., * um 1635, 16.11.1706 in Rüstungen). - Anna Gottsleben (81 J., * um 1634 , 19.07.1715 in Rüstungen, beerdigt 20.07.1715 in Rüstungen). - Johann (Joannes) Gotzleben (~ 12.3.1671 in Rüstungen). - Nikolaus (Nicolaus) Gotzleben (~ 29.4.1674 in Rüstungen). - Johann (Joannes) Philipp Gottsleben (~ 14.4.1678 in Rüstungen; † 8.3.1742 in Rüstungen). - Johann (Joannes) Heinrich Gottsleben (~ 22.10.1722 in Rüstungen; †  22.10.1722 in Rüstungen), Beruf: Raschmacher. – Nikolaus (Nicolaus) Gott(e)sleben (* 12.10.1759 in Rüstungen; † 3.1.1822 in Rüstungen), Beruf: Lanarius (Wollarbeiter). – Johann (Joannes) Georg Gottsleben (~ 1.4.1796 in Rüstungen; †  3.11.1843 in Helmsdorf), Beruf: Schullehrer.
 
Martinfeld
 
Bernard Gottesleben (* um.1675 in Rüstungen, Lebensorte: Rüstungen Martinfeld).
 
Heiligenstadt

 
Johann Heinrich Gottesleben (* um.1700 in Heiligenstadt). - Georg Christoph Gottesleben (* 20.08.1717 in Heiligenstadt,  † 05.09.1788 in Heiligenstadt). - Christoph Gottsleben (* um 1745 aus Heiligenstadt,  † 11.10.1779 in Hildesheim, Beruf: Kanzleiinspektor).
 
Hitzelrode
 
Johannes Jakob Gottsleben (* um 1845 in Hitzelrode; †  ??), Beruf: Weißbinder.
 
Helmsdorf



 

 

Joh. Gottesleben aus Helmsdorf. Vice Corporal im 5. Westfälischen Infanterie Regiment. Das Regiment hatte am 12. Januar 1813 die Löhnung seiner Soldaten eingestellt. Gottesleben erhält 1823 von seinem ausstehendem Sold noch 6 Taler, 10 Silbergroschen u. 9 Pfennige. - Johann Martin Gottsleben (* 16.12.1824 in Helmsdorf; † 30.07.1889 in Wachstedt), Beruf: Lehrer, Küster, Organist in Silberhausen, Vollenborn, Heuthen, Heyerode und Helmsdorf. – Joachim Gottsleben (* 15.12.1828 in Helmsdorf; † 12.08.1914 in Nordhausen), Beruf: Hauptlehrer. – Lorenz Gottsleben (* 25. Dezember 1836 in Helmsdorf; † 15.8.1913 in O'Fallon, Missouri), Beruf: Schneidergeselle, später: Teacher, 1857 nach Amerika ausgewandert. – Marianne Gottsleben (* 10.06.1839 in Helmsdorf; † 13.10.1867 in Helmsdorf).
 
Wachstedt



 
Franz Joachim Gottsleben (* 11.3.1861 in Heuthen; † 16.4.1946 in Braunschweig), Beruf: Ökonomieverwalter, Reichsbahninspektor in Schöppenstedt. – Raymund Andreas Gottsleben (* 4.3.1859 in Deuna; † um 1930 in Amerika), Beruf: Schullehrer, 1882 nach Amerika ausgewandert. – Franz Eduard Gottsleben (*3.5.1865 in Heuthen; † 14.03.1948 in Lobberich bei Köln). – Christina Elisabeth Sophia Gottsleben (* 26.2.1857 in Deuna; † in Wachstedt ??). - Rosalia Gottsleben (*24.2.1863 in Heuthen; † 17.05.1913 in Stadtallendorf).
 
Mühlhausen
 
Albert Gottsleben (* 25.6.1858 in Mülhausen; † 3.6.1921 in Nordhausen), Beruf: Kaufmann.
 

Eichsfeld
Wohnorte der Familien Gottsleben

Auswanderungskonsens

Der Staat garantierte mit der Bundesakte von 1815 allen deutschen Untertanen das Recht auf Auswanderung. Doch knüpfte er hieran besondere Bedingungen, so z. B., dass die Militärpflicht nicht im Wege stehe, dass Ehefrauen und Kinder nicht ohne Genehmigung des Mannes respektive des Vaters auswandern, dass die Auswanderung nicht ohne Konsens geschehen dürfe. Diesem letzten Umstand haben wir es zu verdanken, dass uns die Zahl und die Namen der Auswanderer aus dem Eichsfeld wenigstens zum Teil erhalten geblieben sind. So sagt uns eine im Landratsamt in Mühlhausen aufbewahrte Acta, enthaltend die Nachweisungen der ein- und ausgewanderten Personen, dass von 1832 bis 1892 etwa 1100 Personen aus den eichsfeldischen Teilen des Mühlhäuser Landkreises nach Amerika ausgewandert sind. In den Akten sind jedoch nur die Personen aufgeführt, die um Konsens eingekommen und erhalten haben. Sicher aber ist, dass etwa ein Drittel aller Auswanderer ohne Konsens und Entlassungspapiere ausgewandert sind und so die Zahl 1100 hinter der Zahl der wirklich Ausgewanderten weit zurückbleibt. Wie groß aber die Anzahl der vom Obereichsfeld nach Amerika ausgewanderten Personen ist, hat das Dorf Bickenriede gezeigt, aus dem im Jahre 1853 allein 50 Personen fortgezogen sind.

    In der Zeitung für's Eichsfeld finden wir immer wieder Anzeigen von lokalen und überregionalen Auswanderungsagenten, die die großen Schifffahrtsunternehmen HAPAG (Hamburg) und Norddeutscher Lloyd (Bremen) im Eichsfeld vertraten. 

Zeitungsanzeige einer
Auswanderungsagentur

Auswanderung aus Helmsdorf und Wachstedt

Schauen wir uns einmal die Orte Helmsdorf und Wachstedt an, aus denen die nach Amerika ausgewanderten Lorenz Gottsleben und Raimund Gottsleben stammen.

    Auswanderung aus Helmsdorf (von 1832 bis 1873 ca. 176 Personen): 1832: Andreas Nöhring, 6 P. 1844: Karl Joseph Brand, Weber, 8 P.; Joh. Anton Kaiser, Wollenkämmer, 6 P.; Bernhard Fürstenberg, Handarbeiter, 7 P.; Joh. Heinrich Glanz, Raschmacher, 2 P.; Franz Jakob Staufenbiel, Handarbeiter, 4 P.; Anton Joseph Schmidt, Handarbeiter, 5 P.; Valentin Staufenbiel, Wollenkämmer, 1 P.; Cyriax Nöhring, Ackersmann, 6 P.  1845: Paul Albin Siebert, Tagelöhner, 8 P.; Joh. Lorenz Fürstenberg, Handarbeiter, 4 P.  1846: Andreas Miehl, Ackersmann, 5 P. 1847: Johann Lorenz Nauer, Maurer, 6 P.; Joh. Karl Gottl. Kühn, Müller, 5 P. 1853: Wilh. Ziegenfuß, Handarbeiter, 5 P.; Karl Jos. Brand, Handarbeiter, 7 P.; Karl Joseph Fürstenberg, Handarbeiter, 7 P. 1854: Jakob Gerlach, 1 P.; Nikolaus Gerlach, Schneider, 2 P.; Bernhard Fürstenberg, Wollenkämmer, 3 P.; Maria Theresia Gerlach, 1 P. 1856: Joh. Ignaz Großheim, Glaser, 6 P.; Jos. Joachim Großheim, Wollenkämmer, 1 P.; Lorenz Strecker, Handarbeiter, 1 P.; Wilhelm Günther, Handarbeiter, 1 P.; Lorenz Staufenbiel, Fleischer, 4 P. 1857: Anton Joseph Herold, Handarbeiter, 10 P.; Philipp Anton Wachtel, Handarbeiter, 7 P.; Lorenz Gottesleben, Schneidergeselle, 1 P.; Joh. Christoph Fischer, Schullehrer, 11 P. 1866: Lorenz Stolze, Wollenkämmer, 5 P. 1867: Anton Schmidt, Handarbeiter, 8 P. 1873: Philipp Fürstenberg, Wollenkämmer, 5 P.; Christoph Fürstenberg, Weber, 3 P.; Wedekind Jakobs Witwe, 6 P.; Joachim Fürstenberg, Handarbeiter, 1 P.

    Auswanderung aus Wachstedt (von 1845 bis 1885 ca. 33 Personen. 31 nach Amerika, 1 nach Arnstadt, 1 nach Holland): 1845: Joh. Michael Dunkel, Knecht (nach Arnstadt). 1849: Nikolaus Funke, Handelsmann, 2 P. (Amerika). 1857: Joh. Aschenbach, Handelsmann, 2 P.; Jos. Funkes Witwe, 5 P. 1858: Nikolaus Funke, Handelsmann, 2 P.; Christoph Funke, Handelsmann, 1 P. 1862: Andreas Körner, Handelsmann, 1 P.; Christoph Kalbhenn, Ackersmann, 1 P.; Joh. Georg Körner, Handelsmann, 1 P. 1868: Joh. Heinrich Funke, Weber, 6 P. 1869: Karl Gottwald, Strohflechter, 1 P. 1877: Heinrich Böhme, Kaufmann, 2 P. 1881: Raimund Gottesleben, 1 P. 1882: Michael Funke, Handelsmann, 9 P.; Joachim Gottesleben, Oekonomieverwalter, 1 P. 1884: Eduard Lins, 1 P. (Holland). 1885: Aloys Funke, Kaufmann, 1 P.

Alte Bilder aus dem Eichsfeld

Dingelstaedt

Heiligenstadt

Kloster Reifenstein

Literatur

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Gerlach, Vinzenz: Geschichtlicher Überblick. In: Das Eichsfeld. Hannover, 1985. (= Schriftenreihe der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung : Landschaften Niedersachsens und ihre Probleme ; 4), S. 31-53. 

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Goldmann, Liborius: Obereichsfeldische Auswanderung nach Amerika in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Unser Eichsfeld 23 (1928), S. 257-262.

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Schnier, Detlef u. Sabine Schulz-Greve: Mein Feld ist die Welt. Zur Auswanderung als Teil der Wanderungsproblematik des Eichsfeldes. In: Wanderarbeiter aus dem Eichsfeld. Duderstadt: Mecke, 1990, S. 278-303.

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Wanderarbeiter aus dem Eichsfeld. Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Ober- und Untereichsfeldes seit Mitte des 19. Jahrhunderts ; Sonderausstellung des Heimatmuseums Duderstadt. Duderstadt: Mecke, 1990. (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Duderstadt ; 1).

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Allgemein zur vormodernen Bevölkerung: Harrasser, Claudia: Von Dienstboten und Landarbeitern. Eine Bibliographie zu (fast) vergessenen Berufen. Innsbruck; Wien: Studien-Verl., 1996. (= Geschichte & Ökonomie ; 7).

Stand: November 2012
Klaus Gottsleben
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